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4 Säulen fürs Training mit Problempferden – und warum Clickertraining hier so gut hilft

In diesem Artikel geht es um das Training mit Problempferden. Doch was ist das überhaupt, ein „Problempferd“? Und warum muss man Problempferde anders trainieren? Muss man sie überhaupt anders trainieren?! Und was hat es mit dem Clickertraining auf sich?

Die meisten ReiterInnen verstehen unter dem Begriff „Problempferd“ ein Pferd, das in irgendeiner Form widersetzlich ist. Sei es, dass es aggressiv reagiert, also beißt, tritt, sich losreißt oder aber, dass es sehr ängstlich ist und man es schlecht aus der Reserve locken kann.

Im konventionellen Pferdetraining kommt größtenteils die negative Verstärkung zum Einsatz. Das bedeutet in der Regel, dass man Druck anwendet und diesen nachlässt, sobald das Pferd verstanden hat, was es tun soll und sich korrekt verhält. Bei den meisten Pferden klappt das auch gut und man kommt als Trainer mit leichtem bis mittlerem Druck ans Ziel.

Bei einem Pferd, das jedoch in der Vergangenheit bereits gelernt hat, dass es auf Druck auch mit Gegendruck reagieren kann und damit Erfolg hat, wird das Training schnell anspruchsvoll: Möchte man keinen massiven Druck und entsprechende Zwangsmaßnahmen anwenden bzw. schafft es das Pferd trotzdem, sich zu entziehen (es reißt sich z.B. trotz Führkette oder Kappzaum los), dann braucht man Plan B. Wie der aussehen kann, dazu gleich mehr.

Auch ein Pferd, das sich schon bei wenig Druck in sein Schneckenhaus verkriecht, ist mit negativer Verstärkung nicht ganz so einfach zu trainieren. Wer hier zu wenig Erfahrung und Fingerspitzengefühl mitbringt, der hat schnell ein Pferd, das komplett dicht macht oder „Dienst nach Vorschrift“ schiebt.

Was kann man also tun und was sieht der oben genannte „Plan B“ vor? Meine Arbeit mit Problempferden basiert auf vier Säulen:

ERSTENS: Fokus weg vom Problem und hin zum gewünschten Verhalten.
Denn konzentrieren wir uns zu sehr aufs Problem, verschwenden wir Energie, die wir besser in die Veränderung stecken können. Das hat übrigens rein gar nichts mit „Augen verschließen vor dem Problem“ zu tun. Ganz im Gegenteil. Lenken wir all unsere Aufmerksamkeit und unsere Bemühungen auf das Verhalten, das wir uns in den problembehafteten Situationen von unserem Pferd wünschen, dann wird das Pferd das gewünschte Verhalten nach und nach immer häufiger zeigen. Vorausgesetzt, ich kann meinem Pferd das was ich von ihm möchte verständlich machen und finde einen Weg, es für meine Ziele zu motivieren. Hier kommt dann auch das Clickertraining als Problemlöser ins Spiel. Dieser Trainingsmethode liegt die positive Verstärkung zugrunde. Das heißt, dass wir alle Verhalten, die wir haben möchten „verstärken“ (belohnen) und so das Pferd dazu motivieren, mehr davon zu zeigen. Gerade beim Training von Problempferden ist es wichtig, das Pferd mit ins Boot zu holen und ihm zu zeigen, dass es sich wirklich lohnt, mitzuarbeiten.

ZWEITENS: Da starten, wo man gerade steht, bzw. an dem Punkt, an dem Training überhaupt möglich ist.
Habe ich ein Pferd, das schon beim bloßen Anblick einer Spritze Reißaus nehmen möchte, dann macht es wenig Sinn damit zu beginnen, das Pferd leichten Schmerzreizen auszusetzen. Ich starte da, wo es sich noch wohlfühlt. Das kann ich erreichen, indem ich einfach den Abstand anpasse und das Pferd belohne, wenn es z. B. ruhig duldet, dass ich die Spritze in zwei Metern Entfernung präsentiere.
Falls du dich nun fragst, wie das in der Praxis mit dem Belohnen aussieht: Bevor ich mit dem Training am eigentlichen Problem beginne, lernt das Pferd den Clicker kennen und die damit verbundenen „Spielregeln“. Es lernt also z.B., dass es nichts falsch machen kann, bzw. keine Strafen fürchten muss. Es lernt außerdem, wie es sich in Anwesenheit von Futter höflich verhalten kann. Beginnen wir mit dem Training am Problem, dann weiß das Pferd also schon, dass es sich lohnt, mitzuarbeiten. Diese Basis einer vertrauensvollen Zusammenarbeit ist nötig, um effizient arbeiten zu können. Erfahrungsgemäß lassen sich die Pferde aber sehr schnell aufs Clickertraining ein.
Und bei aggressiven Pferden?
Bei einem aggressiven Pferd starte ich da, wo alle noch in Sicherheit sind. Zumeist die ersten Male einfach hinter einer Barriere. Gerade eine Absperrung hilft meiner Erfahrung nach vielen Pferden auch mental. Sie erleben, dass sie die Kontrolle haben und der Mensch nicht unerwartet näher kommt, als sie es möchten.

DRITTENS: Ganz kleine Trainingsschritte, aber stetig die Anforderungen steigern.
Die Anforderungen ans Pferd dürfen zunächst wirklich sehr gering sein. So gering, dass man sich hundertprozentig sicher ist, dass es klappen wird. Diesen ersten Trainingsschritt wiederholt man einige Male und steigert ihn dann etwas. So kann man sich – bestenfalls komplett fehlerfrei – ans Problem heranarbeiten. Sinnvoll ist es bei Pferden, die schon schlechte Erfahrungen gemacht haben oder mit denen man selbst schon in brenzlige Situationen kam, dass man sich auch überlegt, ob es nicht noch einen anderen Weg ans Ziel gibt. Denn wenn Umgebungen oder Situationen schon sehr negativ vorbelastet sind, erschwert das das Training.
Hier ist dann etwas Kreativität gefragt: Habe ich ein Pferd, das sich schon beim bloßen Anblick des Pferdehängers verspannt, dann kann ich zunächst Übungen und Tricks, die das Pferd sehr gerne macht, in der Nähe des Hängers, später auf der Rampe oder im Hänger machen. Auch hier gilt: Dort starten, wo das Pferd noch entspannt ist!

VIERTENS: Die Arbeit an sich selbst.
Das Training mit dem Pferd ist das eine, an sich selbst arbeiten das andere. Was genau das heißt, ist natürlich sehr individuell und evtl. braucht man auch Unterstützung von außen, um die eigenen Baustellen zu erkennen. In jedem Fall gehört für mich dazu, sich damit zu beschäftigen, wie Pferde lernen und wie ich dies bei meinem Training berücksichtige. Für planvolles Training mit dem Pferd, benötigt man ein bisschen Hintergrundwissen um einen sinnvollen und effizienten Trainingsplan zu erstellen. Sonst tritt man ganz schnell auf der Stelle oder verheddert sich, sobald ein kleiner Fehler passiert. Dazu ist ein Trainer nützlich, aber auch Bücher und (Online-)Kurse sind eine gute Idee, wenn man ein besserer Trainer für sein Pferd werden möchte.

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