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Clickertraining ist eine Philosophie. Es hat für die meisten zugleich etwas mit Ethik zu tun und gelegentlich ist es sogar der letzte Ausweg, wenn alle anderen Trainingsmethoden, die man probiert hat, nicht funktionierten. Clickertraining ist aber auch ein Handwerk, das man erlernen kann und auch sollte, wenn man es dem Tier gegenüber korrekt und fair anwenden möchte. Weshalb ich das so sehe und warum es mir einen Artikel Wert erscheint, erkläre ich gleich noch.

Ich bin ja im Moment öfter auf unserer Hof-Baustelle und kann Handwerkern aus verschiedenen Bereichen über die Schulter schauen. Und ich bin immer wieder beeindruckt, wie geschickt ihnen die Arbeit von der Hand geht. Vor allem, wenn ich es dann mal selbst versuche… Was diese Erkenntnis hier im Blog über Tiertraining verloren hat? Ganz einfach: Man kann das Training mit positiver Verstärkung durchaus mit der Arbeit zum Beispiel eines Schreiners vergleichen. Er braucht mechanische Fähigkeiten und ein gutes Gespür für seine Werkzeuge. Er muss wissen, mit welchem Druck er den Hobel übers Holz ziehen muss um eine glatte Fläche zu erhalten. Und er muss gelernt haben, welches Holz wie bearbeitet wird, wie lange die frisch verleimten Werkstücke trocknen müssen und welche Oberflächenbehandlung zu welchem Material passt. Er braucht also eine Menge Fachwissen und zudem praktisches Geschick und ziemlich viel Übung.

Ganz genau so ist das beim Clickertraining auch (im Prinzip bei jeder Art des Trainings, wenn man es ordentlich machen will). Wir sind gut beraten, zu wissen was wir tun, warum wir es tun und es dann natürlich auch umsetzen zu können. Beim Clickern ist der Einstieg verführerisch leicht, man erlebt, wie schnell die Tiere auf diese Art lernen und wie motiviert sie sind. Und das einzige, was der Besitzer tun muss, ist im richtigen Moment zu clicken und zu füttern. Doch will man durchgängig und dauerhaft gute Ergebnisse und ein zufriedenes Tier, dann wird es manchmal echt haarig und ist dann doch nicht mehr nur „Click und Futter“. Man wird mit Schwierigkeiten konfrontiert, für die man zunächst keine (clickerkonforme) Lösung sieht: Der Hund kommt, dem Clicker sei Dank, zwar beim Pfiff zurück, aber rennt danach sofort wieder los, das Pferd gibt den Huf nun auch ohne, dass man dafür gefühlt einen ganzen Trupp kräftiger Männer bräuchte, doch beim Hufschmied sieht die Sache dann ganz anders aus, die Katze steigt seit kurzem brav in die Transportbox, doch wie bekommt man sie da nun wieder raus ohne grob zu werden?

Man kann es drehen und wenden wie man möchte: Durch den Verzicht auf Druck und Strafe muss man bereit sein, umzudenken, kreativ werden und – genau – sein Handwerk ziemlich gut beherrschen. Sonst wird es dem Tier gegenüber schnell unfair. Das tappt dann nämlich im Dunkeln  und erlebt Frust, wenn wir als Menschen ihm nicht klar vermitteln können, was wir von ihm wollen.

Viele testen das Clickern und freuen sich über schnelle Erfolge. Es klappt, das Tier ist motiviert und arbeitet gut mit, es geht voran. Es ist so schön einfach. „Click. Futter. Fertig.“

Wirklich? Ich will nochmal auf das Schreiner-Beispiel zurückkommen und versuchen, einen Vergleich zu ziehen. Viele Clicker-Neulinge basteln quasi zu Beginn gleich einen Hocker zusammen und freuen sich – zu Recht – dass sie so fix ein Möbelstück gezimmert haben. Das klappt dann auch eine Weile ganz passabel, aber wehe, es kommt Besuch und jemand schwereres setzt sich auf den Hocker oder man will ihn im Freien benutzen… Hier bräuchte es dann also doch ein paar mehr „Schreiner-Skills“ für ein besser geeignetes Möbelstück.

Nun kann man den Hocker natürlich nicht wirklich mit dem Tier vergleichen. Darum geht es auch gar nicht. Was ich mit diesem Beispiel sagen will: Kein Meister ist vom Himmel gefallen und es ist absolut okay, zu Beginn Fehler zu machen. Also z. B. die Trainingsschritte nicht klein genug zu gestalten, positive und negative Verstärkung zu mischen oder beim Thema Höflichkeit zu schludern. Doch gerade wenn man merkt, dass noch „Luft nach oben ist“ im Training, also die Ergebnisse noch nicht so sind wie gewünscht oder das Tier Stress hat, dann sollten wir uns anstrengen und an uns und unserem Training arbeiten – schließlich verlangen wir das von unseren Trainees ja auch! Und wenn ich von „Luft nach oben“ schreibe, dann meine ich damit alle Trainer. Denn man kann immer noch etwas dazulernen und sich und seine Sichtweise prüfen. Also: Lasst uns nicht am Anfang steckenbleiben, sondern an uns arbeiten – im Sinne unserer Tiere. Die können sich nämlich nicht aussuchen, welchen Trainer sie heute gerne hätten. Die müssen nehmen was kommt.